Interview mit Paul-Friedrich Loose
Landesgeschäftsführer der BARMER GEK zum neuen Transplantationsgesetz
Standort info: Das neue Transplantationsgesetz hat den Bundesrat
passiert. Ab sofort sind die Krankenkassen verpflichtet ihre Versicherten zu
fragen, ob sie Organspender werden möchten. Wie wird das ablaufen und bedeutet
das nicht wieder einen riesigen Verwaltungsaufwand für die Kassen?
Loose: Das ist ein Verwaltungsaufwand, den wir gerne in Zukunft
tragen. Die BARMER GEK begrüßt ausdrücklich das Ziel des Gesetzes, die
Aufklärung über Organspenden zu intensivieren. Der Mangel an Informationen ist
offenbar ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung vieler Menschen, ihre
Organspendebereitschaft zu erklären und zu dokumentieren. Das neue
Transplantationsgesetz sieht künftig die "Entscheidungslösung" vor. Das heißt,
wir sollen alle Mitglieder ab 16 Jahren unmittelbar nach Inkrafttreten des
Gesetzes und danach in regelmäßigen Abständen schriftlich über die Organspende
informieren und sie dazu ermuntern, ihre Entscheidung mit einem
Organspendeausweis zu dokumentieren. Die im Spendeausweis getroffene Wahl soll
in einem späteren Schritt dann auch auf der elektronischen Gesundheitskarte
gespeichert werden können.
Standort info: Auch weiterhin gilt in Deutschland die sogenannte
"erweiterte Zustimmungsregelung". Was bedeutet das?
Loose: Das
bedeutet, ohne eine Einverständniserklärung des Spenders ist keine Organentnahme
möglich. Der Zusatz "erweitert" meint, dass auch die Angehörigen eines
Verstorbenen erklären können, dass der Betroffene mit einer Organspende
einverstanden wäre, auch wenn kein Spenderausweis vorliegt.
Standort info: Früher gab es oft Probleme bei Lebendspenden zwischen
der Kasse des Empfängers und der des Spenders. Hat sich da etwas verändert?
Loose: Ab sofort gilt ein verbesserter Versicherungsschutz für
Lebend-Spender. So hat jeder von ihnen künftig einen Anspruch gegen die
Krankenkasse des Empfängers. Das gilt insbesondere für die Krankenbehandlung,
aber auch für Vor- und Nachbetreuung und Krankengeld in Höhe des
Nettoverdienstes. Zudem wird der Versicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen
Unfallversicherung erweitert.
Standort info: Gibt es noch weiter wichtige Veränderungen?
Loose: Eine weitere Neuerung ist die flächendeckende Einführung von
Transplantationsbeauftragten in Kliniken mit Intensivstationen.
Transplantationsbeauftragte sind Ärzte, zu deren Aufgaben es gehört, auf in
Frage kommende Organspender aufmerksam zu machen, Gespräche mit deren
Angehörigen zu führen und das Klinikpersonal fortzubilden.
Standort info: Haben sie eigentlich einen eigenen Organspendeausweis?
Loose: Ja, und zwar aus tiefster Überzeugung. Mit einer
Organspende kann ich Menschen in existenziellen und lebensbedrohlichen Notlagen
helfen.
Standort info: Was würden sie jemanden raten, der sich noch nicht
entschieden hat?
Loose: Es ist eine persönliche Entscheidung,
die es in jeglicher Form zu akzeptieren gilt. Es ist nur wichtig sich zu
entscheiden. Dafür oder dagegen. Damit würde man seinen Angehörigen in
dramatischen Lebenssituationen weiter helfen. Wer möchte schon selbst als
Elternteil, als Ehegatte oder als Kind über Organspenden eines nahen Angehörigen
entscheiden.