Universitätsmedizin Magdeburg eröffnet einen hochmodernen Hybrid-Operationssaal
Eine Konzeption und Einrichtung, die für die Zukunft steht
Seit Kurzem verfügt die Universitätsmedizin Magdeburg im Zentral-OP über einen hochmodernen Hybrid-OP Saal, der die Therapiemöglichkeiten invasiver bildgeführter Maßnahmen, Interventionen und Operationen auf eine neue Dimension hebt. In diesem neuen Operationssaal, der in dieser Konfiguration einmalig auf der Welt ist, können Ärzte an einem Ort diagnostizieren und behandeln. Darüber hinaus können bildgebende Erfolgskontrollen sowie ggf. schnellstmögliche interventionelle Korrekturen unter angezeigten hygienischen Vorgaben und Standards eines OP-Saal-Settings vorgenommen werden. Dies gilt insbesondere auch unter einem begleitenden Sedierungs- und Schmerztherapiemanagement seitens der Anästhesie und Intensivmedizin. Damit können effektiv Zeit gespart, Risiken signifikant gemindert, die Belastungen von Operationen reduziert, die Behandlungsqualität gesteigert und die Sicherheit der Patienten*innen erhöht werden. Zudem wird durch den Hybrid-OP die Entwicklung neuer minimalinvasiver Behandlungsmöglichkeiten erst möglich.
Außergewöhnlich an dem Magdeburger Hybrid-OP ist, dass gleich mehrere Bildgebungsverfahren (Echokardiographie, CT) 3-dimensional für komplexe Eingriffe zusammengeführt werden. Durch Fusion des Ultraschalls mit der Durchleuchtung können z.B. die Anatomie und künstliche Strukturen in Echtzeit dargestellt und hochkomplexe operative und katheter-geführte Eingriffe bildgestützt präziser geplant und im unmittelbaren Anschluss (gleiche Sitzung, d.h. unter Vermeidung notwendiger Folgetermine) durchgeführt werden.
Die Universitätsmedizin Magdeburg hat sich zum Ziel gesetzt, den Patient*innen die besten Therapiemöglichkeiten zu bieten und unseren exzellent arbeitenden interventionellen Radiologen, Kardiologen und Chirurgen die modernsten Arbeitsbedingungen zu schaffen, so Prof. Hans-Jochen Heinze, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Magdeburg A.ö.R.
Die Etablierung einer Hybrid-OP im Haus 60 a der Universitätsmedizin ist ein bemerkenswerter Schritt in diese Richtung. Hybrid bedeutet gebündelt, und so ermöglicht der Hybrid-OP-Saal diversen Kliniken und Disziplinen in diesem hochmodernen Umfeld zu operieren und zu intervenieren. Die Anforderungen von verschiedenen Fachbereichen, wie Kardiologie, Herzchirurgie, Thoraxchirurgie, interventionelle Radiologie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie und Anästhesie werden in diesem OP-Saal erfüllt. Diese Konstellation wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit als Herz-Lungen-Zentrum voranbringen und die Teamarbeit der Herz-Lungen-Teams wesentlich begünstigen, so Prof. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie und Angiologie.
Herr Prof. Dr. Zuhir Halloul, Leiter des gefäßchirurgischen Arbeitsbereiches, ergänzt: Die neuen Möglichkeiten heben die bisherige Handhabe in der Angio-Suite, der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, wo insbesondere die interventionelle Radiologie und Gefäßchirurgie gemeinsam tätig waren, auf ein ganz anderes Niveau.
Die Mediziner hatten vor einigen Jahren die Idee zur Vereinigung der verschiedenen Fachbereiche für minimal-invasive Eingriffstechniken ins Leben gerufen. Dieses moderne Konzept wurde vom Land Sachsen-Anhalt genehmigt. Insgesamt wurden 1,6 Mio. für die Ausrüstung sowie 1,1 Mio. für den Bau zur Verfügung gestellt. Nach der ausgiebigen Planungsphase begann der Bau im Januar 2020 und wurde Ende des Jahres 2020 fertig gestellt.
Schonende Operationen Führend in Deutschland
Prof. Braun-Dullaeus ist begeistert von den Möglichkeiten, die dieser Hybrid-OP-Saal sowohl für Patient*innen als auch für das medizinische Personal bietet. So operiert das Team der Kardiologie und Angiologie nach erfolgreichem Abschluss einer intensiven Vorbereitungsphase regulär zwei Mal die Woche im Hybrid-OP. Hier werden nun minimal-invasive schonende Eingriffe an der Aortenklappe (TAVI), Mitralklappe (MitraClip, Pascal, Cardioband) und Trikuspidalklappe (TriClip) durchgeführt. Auch im interdisziplinären Setting der interventionellen Radiologie und Gefäßchirurgie sind die neuen Optionen immens: So werden innovative (minimal-invasive) endovaskuläre Interventionen an krankhaften Befunden der großen Körperschlagader (Aortenpathologien) in dieser Hybrid-OP noch besser durchführbar, wie z.B. die Implantation fenestrierter Prothesen beim komplexen thorakoabdominellen Aortenaneurysma (krankhafte Körperschlagadererweiterung vom Brustkorb in den Bauchraum reichend) mit Einbeziehung der Viszeralarterienabgänge - Eingriffe, die nur in der Universitätsmedizin Magdeburg als einziges Zentrum dieser Art im Norden Sachsen-Anhalts vorgenommen werden.
Die fortlaufende Erweiterung des Interventionsprofils lässt sich mit diesem Hybrid-Saal in angezeigter Weise systematisch etablieren und konsolidieren, stellt man befriedigt bei den Vertretern der gefäßzentrumsgleichen Strukturen aus der interventionellen Radiologie und Gefäßchirurgie fest.
Seitdem wir die Fusion haben, können wir auch Patienten mit weniger Kontrastmittel operieren und sind, was die Einsparung von Kontrastmittel betrifft, führend in Deutschland. Auf diese Weise können vor allem ältere Menschen mit Nierenproblemen vor einem Nierenversagen durch Kontrastmittel bewahrt werden. Diese schonende Technik ist bisher systematisch nur an der Universitätsmedizin Magdeburg untersucht und genutzt worden, so Prof. Braun-Dullaeus.
Das Herzteam des Universitätsklinikums (Kardiologie, Herzchirurgie und Anästhesie) führt seit kurzem die Aortenklappeneingriffe auch als erstes zertifiziertes TAVI-Zentrum in Sachsen-Anhalt im Hybrid-Labor durch
Bei einer TAVI- Operation wird die biologische Herzklappenprothese gefaltet, über einen kleinen Zugang von der Leiste über die Beckengefäße entlang der großen Körperschlagader (Aorta) mittels Katheter bis zum Herzen vorgebracht und eröffnet. Sie verdrängt hierbei die verkalkte eigene Klappe. Das TAVI-Verfahren wurde für Patienten mit einer hochgradigen Aortenklappenstenose entwickelt, die einen Herzklappenersatz benötigen, bei denen jedoch das Risiko eines klassischen Aortenklappenersatzes durch eine offene Operation zu hoch ist. Auch kann als Zugangsweg die Herzspitze vom Chirurgen direkt und ohne Herz-Lungen-Maschine durch einen kleinen Schnitt an der Brust eröffnet werden, wenn die Beckengefäße nicht geeignet sind. Dieser Zugang im Hybrid-Saal wird zukünftig von großer Bedeutung sein für neuartige Behandlungsformen der aufsteigenden Hauptschlagader und des Aortenbogens, so Prof. Jens Wippermann, Direktor der Universitätsklinik für Herz-und Thoraxchirurgie.
Für die Auszeichnung TAVI-Zentrum müssen harte Kriterien der DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Herz und Kreislaufforschung e.V.) erfüllt sein. Sie stellt ein Gütesiegel für diesen Eingriff dar.
Ganz neue Wege in der Tumorbehandlung gehen die Ärzte der interventionellen Radiologie und der Thoraxchirurgie: Bei Patient*innen mit mehreren Tumorabsiedlungen (Metastasen) in der Lunge werden die Herde im Rahmen derselben Narkose von den Chirurgen und den Interventionalisten entfernt. Durch die Zusammenarbeit der Ärzte können den Patient*innen so zum einen größere Operationen erspart, zum anderen mehrere Behandlungen zeitlich durchgeführt werden.
Die Hybrid-Behandlung von Lungenmetastasen ist ein neuartiger Behandlungsansatz, der aktuell nur ausgewählten Patienten angeboten wird, bei denen alle etablierten Behandlungen bereits ausgeschöpft sind. Durch die Kombination der Schlagkraft von Chirurgie und interventioneller Radiologie können viele Tumorerkrankungen künftig noch besser behandelt werden., erläutert Prof. Dr. Thorsten Walles, Leiter der Thoraxchirurgie.
Ein Hybrid-Saal dieser Couleur mit modernster Bildgebung, Bildfusionstechnologie, Spektrums Erweiterung in den angezeigten Disziplinen mit hoher Behandlungseffektivität und bestmöglicher planerisch-organisatorischer Auslastung bei gegebenem OP-Saal-Setting unter bestmöglicher interdisziplinärer Bündelung von Fachexpertise ist ein sehr angezeigter Schritt vorwärts, zukunftsträchtige Spitzenmedizin in Sachsen-Anhalt konsequent umzusetzen und weiterführend zu gewährleisten.