Christel Taube erhielt Paracelsus-Medaille

Auf dem 116. Deutschen Ärztetag in Hannover ist Prof. Christel Taube mit der Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft ausgezeichnet worden. Die Fachärztin für Pharmakologie und Toxikologie und stellvertretende  Institutsdirektorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg hielt die höchste Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft in ihren Händen.

„Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Christel Taube eine Ärztin, die sich in ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin und Hochschullehrerin herausragende Verdienste um das deutsche Gesundheitswesen und die Ärzteschaft erworben hat. Als Professorin für

Pharmakologie und Toxikologie sowie stellvertretende Institutsdirektorin an der Universität

Halle-Wittenberg hat sie über Jahrzehnte an einer fundierten und praxisnahen Ausbildung

von Studierenden mitgewirkt. Für Studentinnen und junge Forscherinnen war sie ein ermutigendes  Beispiel dafür, dass man sich als Frau und Mutter in einem von Männern dominierten universitären Umfeld behaupten kann. Christel Taube hat sich um die ärztliche Versorgung der Bevölkerung, das Gesundheitswesen, die ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.“

Laudatio

Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Christel Taube eine Ärztin, die sich in ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin und Hochschullehrerin herausragende Verdienste um das deutsche Gesundheitswesen und die Ärzteschaft erworben hat. Als Professorin für Pharmakologie und Toxikologie sowie stellvertretende Institutsdirektorin an der Universität Halle-Wittenberg hat sie über Jahrzehnte an einer fundierten und praxisnahen Ausbildung von Studierenden mitgewirkt. Für Studentinnen und junge Forscherinnen war sie ein ermutigendes Beispiel dafür, dass man sich als Frau und Mutter in einem von Männern dominierten universitären Umfeld behaupten kann. Christel Taube hat sich um die ärztliche Versorgung der Bevölkerung, das Gesundheitswesen, die ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.

Christel Taube wurde am 27. Juli 1936 in Sonneberg/Thüringen als Tochter des Chemikers Dr. Hans-Joachim Reusch und seiner Ehefrau, der Sekretärin Erika Reusch, geboren. Sie wuchs gemeinsam mit einem jüngeren Bruder auf. Nach der Schulzeit in Sonneberg legte sie 1954 die Abiturprüfung an der dortigen Oberschule ab. Dann schrieb sie sich für das Fach Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein, wo sie auch ihr Staatsexamen ablegte. Prägende Hochschullehrer für Taube – auch für ihre spätere Arbeit in der Lehre – waren der Internist Professor Walter Brednow mit seiner zutiefst humanistischen Einstellung und seiner ganzheitlichen Sicht auf die Medizin sowie der Pathologe Professor Franz Bolck mit seiner Fähigkeit, theoretisches Wissen spannend und praxisnah zu vermitteln.

Nach dem Studium begann Taube 1960 ihre Pflichtassistentenzeit an der Ernst-Moritz-Universität Greifswald und war dort an den Kliniken für Pädiatrie, Chirurgie und Innere Medizin tätig. 1961 erhielt sie die ärztliche Approbation. Wegen der Geburten ihrer beiden Töchter unterbrach sie dann zunächst ihre Tätigkeit. 1965 kehrte sie ins Berufsleben zurück und wurde wissenschaftliche Assistentin am Institut für Physiologische Chemie der Universität Greifswald, das damals von Professor Norbert Hartmann geleitet wurde. 1966 wurde sie zum Dr. med. promoviert. Ihre Dissertationsarbeit trägt den Titel „Über die Hemmung der Blutgerinnung beim Kaninchen durch Kobalt(II)-Aspartat und Kobalt(II)-Glutamat“. Dafür erhielt sie bereits als junge Forscherin viel Anerkennung. Sie wurde 1967 mit dem Ernst-Moritz-Arndt-Preis ausgezeichnet, dem Wissenschaftspreis der Universität Greifswald. 1969 erwarb sie die Facharztbezeichnung für Biochemie.

Im Jahr 1970 wechselte sie an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dort war sie zunächst als wissenschaftliche Assistentin am Institut für Pharmakologie und Toxikologie unter der Leitung von Professor Werner Förster tätig. 1973 wurde sie Oberärztin und übernahm die Leitung der Abteilung für Biochemische Pharmakologie. 1977 erwarb sie die Facharztbe-zeichnung für Pharmakologie und Toxikologie und erhielt die Lehrbefähigung. Als Vorbilder während ihrer beiden Weiterbildungen nennt sie den Biochemiker Professor Samuel Mitja Rapoport und den Pharmakologen Professor Werner Scheler, beide Berlin. Sie gaben der jungen Ärztin Orientierung, was das wissenschaftliche Engagement und die Bemühungen um die medizinische Aus- und Weiterbildung betrifft.

Taubes wissenschaftliche Schwerpunkte waren anfänglich die Themen Blutgerinnung und der Prostanoidstoffwechsel, die sich dann aber zu dem übergeordneten Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiteten. 1979 habilitierte sie sich mit der Arbeit „Über Zusammenhänge von Prostaglandinbiosynthese und Blutdrucksenkung“. Zur außerplanmäßigen Professorin wurde sie 1985 ernannt. Im gleichen Jahr wurde sie auch stellvertretende Direktorin des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Halle-Wittenberg. Von 1980 bis 1990 war sie Mitglied der medizinischen Fakultät der Universität. Schließlich wurde sie 1990 zur Universitätsprofessorin berufen. 1996 trat sie in den Ruhestand.

Auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen arbeitete sie eng mit Klinikern und Vertretern anderer theoretischer Institute zusammen, aber auch mit pharmazeutischen Unternehmen. Sie beschäftigte sich insbesondere mit dem Einfluss von Herz-Kreislauf-Medikamenten sowie Ernährungsfaktoren auf die Prostanoidbiosynthese. Im Vordergrund standen hierbei Antihypertensiva und ungesättigte Fettsäuren. Alter, Geschlecht, Ernährung, Begleitkrankheiten und Mobilität in ihrem Einfluss auf die Arzneimittelwirkung waren für sie wichtige Aspekte in der pharmakologischen Forschung. Die Ergebnisse ihrer Arbeit wurden in 147 Publikationen und 176 Vorträgen veröffentlicht. Sie führten zu zwei Patenten. Taube ist Mitautorin des Lehrbuchs „Pharmakologie und Toxikologie“, erschienen im Springer-Verlag.

Forschung und Lehre lagen ihr gleichermaßen am Herzen. Als Hochschullehrerin sah sie es als ihre Pflicht an, der künftigen Ärztegeneration einen fundierten Wissensstock mit auf den Weg zu geben. Tatsächlich war es ihr immer ein Anliegen, die wissenschaftlichen Grundlagen der Biochemie sowie später der Pharmakologie und Toxikologie so praxisnah zu vermitteln, dass die Studenten – bei denen die Pharmakologie mitunter als „stupides Lernfach“ gilt – befähigt werden, die grundsätzlichen Mechanismen einer Pharmakotherapie im Kontext von Konstitution und Lebensgewohnheiten zu begreifen. Damit sollten sie in die Lage versetzt werden, eine individuelle Therapie zu verordnen, zu überwachen und entsprechend den Erfordernissen zu modifizieren. Noch heute berichten ehemalige Studenten, dass ihnen Taubes Vorlesungen, Seminare und Praktika in bleibender Erinnerung sind.

An der Universität Greifswald war sie an der Durchführung von Praktika und Seminaren im Fach „Physiologische Chemie für Mediziner“ beteiligt. Schon als wissenschaftliche Assistentin übernahm sie Teilabschnitte der Vorlesung „Physiologische Chemie für Mediziner und Stomatologen“. Sie betreute Doktoranden und war an der Ausbildung von medizinisch-technischen Assistenten beteiligt. An der Universität Halle-Wittenberg folgten Seminar- und Vorlesungstätigkeiten im Fach Pharmakologie und Toxikologie. Anfänglich verantwortete sie Teilabschnitte der Hauptvorlesung „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“ für Studenten der Humanmedizin. Später übernahm sie die Hauptvorlesung auch komplett. Begleitend dazu führte sie Praktika und Seminare durch. Sie betreute Studierendengruppen als Tutorin. Darüber hinaus führte sie mündliche Prüfungen im Rahmen des medizinischen Staatsexamens durch. Sie verstand es, junge Menschen für ihr Fach und das wissenschaftliche Arbeiten zu begeistern.

Unter ihrer Betreuung entstanden 22 erfolgreich verteidigte Diplomarbeiten, 15 Promotionen und eine Habilitationsschrift. Von ihren ehemaligen Diplomanden und Doktoranden wird Taube hoch verehrt. Der erfolgreiche Abschluss der Arbeiten der von ihr betreuten Studierenden war ihr oberstes Ziel. Be-sonders im Blick hatte sie die Belange des weiblichen Nachwuchses, denn über den Balanceakt zwischen Karriere und Familie war sie sich aus eigener Erfahrung bewusst. Sie selbst hat dies als Herausforderung empfunden. Die Förderung junger Wissenschaftlerinnen war ihr ein wichtiges Anliegen – ohne dass die Frauen eine Bevorzugung erhielten. Studentinnen und Nachwuchsforscherinnen fanden in ihr ein Vorbild und eine Mentorin. Für sie war Taube ein ermutigendes Beispiel dafür, dass man sich auch als Frau und Mutter in einer universitären Männerdomäne behaupten und eine leitende Position ausfüllen kann.

Nicht nur ihr wissenschaftlicher Werdegang verdient Respekt. Die Themen, mit denen sie sich beschäftigte, betrachtete sie immer umfassend und ganzheitlich. Auch für ethische Fra-gestellungen interessierte sie sich und engagierte sich als Mitglied der Ethikkommission der Universität Halle-Wittenberg. Für ihren unermüdlichen Einsatz und ihre wissenschaftliche Leistung erhielt sie mehrere Auszeichnungen. Neben dem Ernst-Moritz-Arndt-Preis wurde sie 1989 mit dem Titel „Medizinalrat“ geehrt.

Auch mit 76 Jahren ist sie pharmakologischen Themen verbunden. Das zeigt ihre Gutachter- und Weiterbildungstätigkeit für Unternehmen und Forschungsinstitute, die sie seit ihrem Eintritt in den Ruhestand freiberuflich ausübt. Ehrenamtlich engagierte sie sich als Schöffin am Landgericht Halle. Darüber hinaus ist sie sehr kulturinteressiert. Sie ist stellvertretende Vorsitzende im Gutenberger Kulturverein Sachsen-Anhalt und fungiert als Kulturbotschafterin der Stadt Halle. Sie ist seit 1958 mit dem Chemiker Professor Rudolf Taube verheiratet. Das Paar hat mittlerweile sieben Enkelkinder und eine Urenkelin.

116. Deutscher Ärztetag in Hannover, 28. Mai 2013

Vorstand der Bundesärztekammer

Präsident