„Fatales Signal: Bewährte Strukturen werden gefährdet und Niedergelassene benachteiligt“

Eckpunkte – Bund-Länder-Arbeitsgruppe will Portalpraxen auf Kosten der Niedergelassenen zwangsweise einführen. Diesen geplanten staatlichen Eingriff kritisiert der Vorstand der KBV.

Berlin, 8. Oktober 2015
– „Das ist ein fatales Signal“, kommentierte der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen und Dipl.-Med. Regina Feldmann, die Eckpunkte der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Entwurf des Krankenhausstrukturgesetzes. „Nicht nur, dass die Niedergelassenen wieder einmal benachteiligt und die Krankenhäuser geschont werden. Schlimmer noch ist, dass bestehende und gut funktionierende Strukturen in ihrem Bestand gefährdet werden“, sagte der Vorstandsvorsitzende Gassen.

KBV-Vorstand Feldmann erklärte: „In vielen Regionen arbeiten Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) und Krankenhäuser gut zusammen. Es gibt schon heute zahlreiche Bereitschaftspraxen niedergelassener Kolleginnen und Kollegen an Kliniken. Patienten werden dort – je nach Schwere der Erkrankung – direkt ans Krankenhaus verwiesen, im ambulanten Notdienst behandelt oder gebeten, am nächsten Tag ihren Hausarzt aufzusuchen.“

Feldmann wies darauf hin, dass die meisten Fälle im organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst zu verzeichnen sind und nicht in den Notaufnahmen der Kliniken. „Im Rahmen einer gerade laufenden Studie der KBV zeigt sich als erster deutlicher Trend, dass je höher die Dichte an Hausärzten vor Ort ist, umso geringer die Zahl der Behandlungen in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser ausfällt.“ Sie forderte die Politik auf, „endlich die richtigen Steuerungssignale zu senden“.

„Es hat sich zum einen der Trend insbesondere bei jüngeren Menschen verstärkt, am Wochenende und an Feiertagen gezielt die Notaufnahme von Krankenhäusern aufzusuchen“, so Feldmann weiter. „Diese Aufnahmen sind aber ausschließlich für echte Notfälle dar. Zum anderen kommt hinzu, dass Krankenhäuser teilweise gerne alle Patienten aufnehmen und ihre Ambulanzen sogar bewerben. Krankenhäuser erhalten für stationäre Aufnahmen höhere Vergütungen als für eine ambulante Behandlung der Patienten.“

Die Aufnahmen direkt aus Notfallambulanzen treiben den allgemeinen Fallzahlanstieg in Krankenhäusern an. Dies belegen auch Zahlen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Die Zi-Wissenschaftler hatten für die Analyse der Notfallbehandlungen bundesweite Abrechnungsdaten aus den Jahren 2009 bis 2014 ausgewertet. Demzufolge stiegen die Patientenzahlen besonders in Notfallambulanzen der Krankenhäuser. „Wer vermeidbare Krankenhausaufnahmen reduzieren will, muss die Inanspruchnahme von Krankenhausambulanzen minimieren. Das geht nur mit einer sinnvollen Steuerung der Patienten“, stellte Gassen klar.

Studie des Zi: http://www.zi.de/cms/presse/2015/22-september-2015/