Freiheit für einen freien Beruf

Vertreterversammlung – „Erst im Gefängnis erkennt man den Wert der Freiheit“, schrieb einst Heinrich Heine. Den berühmten Schriftsteller und einen der größten Söhne der Stadt Düsseldorf zitierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, um deutlich zu machen: Auch für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten ist Freiheit ein ständig wiederkehrendes Thema.

Düsseldorf, 26. Mai 2014 – Klare Worte richtete Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), heute in Düsseldorf an die Vertreterversammlung seiner Organisation. „Der Bundesgesundheitsminister hat immer wieder betont, dass er Lösungen aus der Selbstverwaltung heraus den Vorzug geben will. Doch die damit gewährte Freiheit scheint nicht bei allen politisch Verantwortlichen in Stein gemeißelt zu sein“, erklärte er. Als Beispiel nannte er die politische Diskussion um Wartezeiten auf einen Facharzttermin. Dieses Thema werde offenbar deshalb so hartnäckig verfolgt, weil es das Letzte sei, was von der Idee einer einheitlichen Bürgerversicherung übriggeblieben sei. „Wir verweigern uns der Diskussion nicht, aber was wir nicht möchten, ist eine rigide Vorgabe, nach der bundesweit einheitlich verfahren werden muss. Vielmehr wollen wir den Regionen weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten einräumen“, erklärte der KBV-Chef.

Gleichzeitig rief er zur Einigkeit der ärztlichen und psychotherapeutischen Selbstverwaltung auf. „Wir müssen uns entscheiden, ob wir uns gemeinsam um einen fairen Interessenausgleich aller durch das KV-System vertretenen Gruppen bemühen wollen, oder ob es darum geht, das körperschaftliche System zu demontieren“, sagte Gassen.

Er kritisierte den Koalitionsvertrag der Großen Koalition, in dem eine paritätische Verteilung der Haus- und Fachärzte in den Vertreterversammlungen von KBV und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gefordert wird. Zudem soll jede Gruppe über ihre eigenen Belange entscheiden. Dies sei nicht rechtskonform, so Gassen. Bei einer dahingehenden Gesetzesänderung würde der Bundesmantelvertrag seine Geltung verlieren. „Dann sollte man gleich das ganze System sektionieren“, so der Vorstandsvorsitzende, „in dem Fall gäbe es kein ‚gemeinsam und einheitlich für alle Versicherten‘ mehr. Somit hätten wir ein freies Spiel der Kräfte. Das würde die Versorgung in Deutschland zerfleddern.“

Die wiederkehrende Behauptung des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, der Ärztemangel sei durch eine Umverteilung zu beheben, wies Gassen zurück: „Unterversorgung in der einen Region bedeutet nicht automatisch Überversorgung in einer anderen, selbst wenn dort mehr Ärzte sind.“ Gerade an zentralen Standorten mit hoher Arztdichte würden überproportional viele Patienten von außerhalb und aus anderen Stadtteilen versorgt. Die Ansiedlung von Ärzten in unterversorgten Gebieten mache nur dann Sinn, wenn die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln stimme.