Hallenser Studie: Frühere Fußball-Nationalspieler starben eher als üblich

Was Jogis Truppe Beckenbauer und Co. voraus hat

Ob die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich so erfolgreich sein wird wie die Teams von 1972, 1980 oder 1996, ist ungewiss. In einem Punkt übertrumpfen sie aber die früheren Sieger: Sie haben eine deutlich höhere Lebenserwartung. Die aktuelle Nationalmannschaft wird rechnerisch gut sechs Jahre älter als die Helden von damals. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung der Initiative „7 Jahre länger“.

Aktueller Kader wird statistisch knapp 85 Jahre alt
Der Vergleich der Helden von damals mit denen von heute zeigt, wie stark die Lebenserwartung in nur gut vier Jahrzehnten gestiegen ist. Das Team von Bundestrainer Jogi Löw – das jüngste der Europameisterschaft – hat eine statistische Lebenserwartung von rund 84,8 Jahren. Die der Titelträger von 1972 betrug laut Generationensterbetafel des Statistischen Bundesamtes 78,6 Jahre. Die Entwicklung lässt sich auch anhand der Siegerteams von 1980 und 1996 nachzeichnen. Die Europameister von
1980 um Spielmacher Bernd Schuster hatten zu Turnierbeginn eine Lebenserwartung von 80,4 Jahren. 1996 waren es für das Team um Jürgen Klinsmann durchschnittlich 82,7 Jahre – und damit immer noch gut
zwei Jahre weniger als für den aktuellen EM-Kader.

Schnelleres Spiel, mehr Gehalt, höhere Lebenserwartung
Nicht nur die Lebenserwartung hat sich seit den aktiven Zeiten von Franz Beckenbauer verändert, auch der Fußball und das Leben der Profis. Das Spiel ist schneller, körperlicher und taktisch variabler geworden. Libero und Vorstopper sind heutzutage Begriffe, die allenfalls noch in der Kreisliga Bayerwald benutzt werden. Die Gehälter haben ein paar Nullen mehr, die Frauen der Profis sind öfter Models statt Friseusen, und was ihnen an Haarpracht fehlt, gleichen sie mit Tattoos aus. Und auch wenn die Karrieren heutzutage nicht unbedingt länger dauern, so können die Spieler immerhin mehr Turniere vor dem Fernseher mitverfolgen. Denn sie leben deutlich länger als die Fußballer Anfang der 1970er.

Frühere Nationalspieler starben eher als üblich
Doch der rechnerische Durchschnitt hat seine Tücken, das gilt gerade für Fußball-Nationalspieler. Rein statistisch lag beispielsweise die Lebenserwartung der ersten deutschen Nationalmannschaft im Jahr 1908
bei schätzungsweise 65 Jahren – auch unter Berücksichtigung der Kriegsgefahren. Tatsächlich wurden die Spieler – soweit ihre Todesdaten bekannt sind – im Durchschnitt nur 60 Jahre alt.

Kein ungewöhnliches Phänomen: Auch für die späteren Auswahlkicker
ertönte der Schlusspfiff im Leben deutlich früher als üblich, wie Oliver Kuß von der Martin-Luther-Universität in einer Studie herausfand. Er verglich für den Zeitraum von 1908 bis 2006 die Lebenserwartung früherer
Nationalspieler mit der der Gesamtbevölkerung. Ergebnis: Die Kicker – Achtung: Wortspiel – bissen knapp zwei Jahre früher ins Gras.

Großes Mitleid mit dem aktuellen Kader muss man allerdings nicht haben: Denn wie Kuߑ Studie auch zeigt, verschwinden die Unterschiede zum Ende des Beobachtungszeitraums. Die Lebenserwartung aktueller
Nationalspieler liegt also auf dem Niveau der Gesamtbevölkerung. Schön, wenn auch ihr Spiel das Niveau des 72er-Kaders erreichen würde. Und Deutschland in Frankreich zum vierten Mal Europameister würde.