Hautkrebs auf dem Vormarsch

Vorsorgemuffel: Nur ein Viertel der Sachsen-Anhalter geht zum Haut-Check

Bereits zum achten Mal gibt der BARMER GEK Arztreport 2014 einen umfassenden Überblick zur ambulant-ärztlichen Versorgung in Deutschland auf Basis der anonymisierten Abrechnungsdaten von mehr als acht Millionen Versicherten. Demnach waren im vorletzten Jahr 92 Prozent der Menschen in ambulanter ärztlicher Behandlung und pro Versicherten wurden 8,21 Behandlungsfälle gezählt. Eine Erkenntnis der Auswertung: Das früher häufig beschworene Ärzte-Hopping gibt es offenbar nicht. Im Mittel wurde ein Versicherter von 3,38 Ärzten behandelt. Nur knapp 11 Prozent der Versicherten suchten mehr als sechs Ärzte auf.

Schwerpunktthema Hautkrebs
Den diesjährigen Schwerpunkt des Reports bildet das Thema Hautkrebs. Mittlerweile ist dies mit jährlich mehr als 200.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebsart in Deutschland. Laut aktuellem Arztreport waren im Jahr 2012 bundesweit fast 1,6 Millionen Menschen von bösartigen Neubildungen der Haut betroffen. An der gefährlichsten Form, dem malignen Melanom („schwarzer Hautkrebs“), litten 318.000 Menschen und damit 60 Prozent mehr als im Jahr 2005. Noch häufiger ist der sogenannte „helle Hautkrebs“, der 2012 bei nahezu 1,3 Millionen Menschen diagnostiziert wurde. Das entspricht einer Steigerung von 79 Prozent gegenüber 2005.

„Hautkrebs ist augenscheinlich eine der unterschätzten Krebserkrankungen in Deutschland. Offensichtlich sind sich viele Bundesbürger der Gefahr von ultravioletter Strahlung so nicht bewusst“, sagt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der BARMER GEK.



Altersgrenze aufheben
Ein Grund für den Anstieg der Diagnose Hautkrebs ist u.a. das im Juli 2008 von den gesetzlichen Krankenkassen als Regelleistung eingeführte Hautkrebs-Screening und die damit gestiegene Zahl an Untersuchungen. Ab 35 Jahren steht jedem Versicherten alle zwei Jahre ein solcher „Haut-Check“ zu. Das Angebot hat zweifellos auch mehr Sensibilität für die Erkrankung geschaffen.

Lange Zeit galt Hautkrebs als besonderes Risiko der älteren Generation. Doch laut Arztreport der Krankenkasse waren im Jahr 2012 bundesweit rund 49.000 jüngere Menschen von Hautkrebsdiagnosen betroffen, die deshalb gar nicht am gesetzlichen Screening teilnehmen durften. „Angesichts der deutlich steigenden Diagnoseraten fordern wir, die bestehende Altersgrenze komplett aufzuheben, um so jungen Menschen den Zugang zur Früherkennung zu erleichtern“, so Wiedemann.

Diese Forderung stützt auch Dr. med. Eckhard Fiedler, Facharzt für Dermatologie und Venerologie am Universitätsklinikum Halle (Saale): „Die veränderten Lichtgewohnheiten mit immer mehr Sonnenlicht in unseren Häusern, intensiverer UV-Strahlung durch Urlaubsreisen in südliche Länder und künstlicher Bestrahlung im Solarium haben die Häufigkeit von Hautkrebs stark erhöht.“ Ein besonders hohes Risiko haben Menschen mit heller Haut, die schnell einen Sonnenbrand bekommen. „Aber auch Schwächen des Immunsystems, wie nach einer Organtransplantation, oder eine Vielzahl von Leberflecken können Ausdruck eines erhöhten Hautkrebsrisikos sein“, erläutert der Mediziner.

Sonnenschutz besonders wichtig bei Kindern

„Laut einer Umfrage hatte jedes fünfte Kind im Kindergartenalter bereits ein bis fünf Sonnenbrände“, informiert Sven Weise, Geschäftsführer der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft. „Viele Eltern und Erzieher unterschätzen die Gefahr von UV-Strahlen im Kindesalter. Weil die Hautentwicklung in diesem Alter noch nicht abgeschlossen ist, reagieren kindliche Hautzellen wesentlich stärker auf diese Schädigungen als Erwachsenenhaut“, so Weise.

Die Krebsgesellschaft hat deshalb ihre Bemühungen zur Information und Prävention verstärkt und zeichnet landesweit so genannte „Sonnenschutz-Kindergärten“ aus. Dort lernen die Jüngsten spielerisch, sich wirksam vor der Sonne zu schützen. Auch müssen die Sandkästen und Klettergerüste einen besonderen Schutz vor zu viel Sonne haben – sei es durch Schatten spendende Hauswände, Bäume oder Sonnensegel. „Die speziell geschulten Erzieherinnen sensibilisieren zudem die Eltern für das Thema und zeigen den Kindern, wie sie sich mit Sonnencremes und der entsprechenden Kleidung schützen können, ohne den Spaß am Spielen zu verlieren“, ergänzt Weise.

Nur jeder Vierte nutzt Hautkrebs-Screening
Nach Berechnungen der BARMER GEK gingen 2011/12 lediglich 24,7 Prozent der anspruchberechtigten Sachsen-Anhalter über 35 Jahre zum Hautkrebs-Screening. Bundesweit lag die Beteiligung bei durchschnittlich 30,9 Prozent. Doch die Werte sind regional sehr unterschiedlich: So liegen Hallenser (33,2 %) und die Bewohner des Landkreises Stendal (31,3 %) überm Bundesdurchschnitt (30,9 %), während in Dessau-Roßlau (17,3 %), im Salzlandkreis (19,7 %) und im Harz (19,8 %) die größten Vorsorgemuffel beheimatet sind. Krankenkasse und Mediziner werben nachdrücklich für mehr Teilnehmer am Hautkrebs-Screning. Besonders von Menschen mit einem erhöhten Risiko, wozu auch jene Berufsgruppen gehören, die viel unter freiem Himmel arbeiten.

Im Jahr 2012 wurde bei 343 von 100.000 Sachsen-Anhaltern ein bösartiges Melanom der Haut („schwarzer Hautkrebs“) diagnostiziert, was nur geringfügig unter den Bundesdurchschnitt von 388 liegt. Darüber hinaus hatten 1.455 von 100.000 Menschen zwischen Arendsee und Zeitz die Diagnose „sonstige bösartige Neubildungen der Haut“ („heller Hautkrebs“), so der aktuelle Arztreport der Krankenkasse.

„Trotz Fortschritten in der Behandlung sind spät erkannte und bereits fortgeschrittene Hautkrebserkrankungen nur schwer zu behandeln und stellen eine Lebensbedrohung dar“, informiert Dr. Fiedler. Laut Statistischem Landesamt führten bösartige Neubildungen der Haut im Jahr 2010 bei 108 Einwohnern zwischen Arendsee und Zeitz zum Tod. Im gleichen Jahr wurden insgesamt 3.100 Sachsen-Anhalter aufgrund von Hautkrebs in Krankenhäusern behandelt, darunter rund 2.100 zumeist ältere Menschen mit „weißem Hautkrebs“.

Hautkrebsprophylaxe mit einfachen Mitteln
Dabei lässt sich Hautkrebs einfach vorbeugen: Schatten statt Sonne, Freizeitaktivitäten nicht in den Mittagsstunden, Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor, UV-Schutz mit sonnengerechter Kleidung inklusive Kopfbedeckung und Sonnenbrille sowie Verzicht auf Solarien. „Um vor allem Kindern und jungen Leuten einen Sonnenbrand zu ersparen, sollten Eltern, Kindertagesstätten und Schulen über diese vorbeugenden Maßnahmen informiert sein – so wie es in den Sonnenschutz-Kindergärten gemacht wird“, fordert Dr. Fiedler. Unter dem Motto „Durch Wissen zum Leben“ setzt auch die Krebsgesellschaft auf umfassende Information und die Vermittlung professioneller Hilfsangebote.


Fakten zum Thema „Hautkrebs“

  • Definition von Hautkrebs: Hautkrebs ist eine bösartige Wucherung der Hautzellen. Hauptursache ist die ultraviolette Strahlung der Sonne oder von Solarien. Die so genannten Melanome können neu entstehen oder sich aus vorhandenen Pigmentmalen (Leberfleck / Muttermal) entwickeln.
  • Hautkrebsarten: Man unterscheidet im Wesentlichen zwei große Gruppen. Die gefährlichste Form ist das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs). Es kann schnell Metastasen im Körper bilden und zum Tode führen. Am häufigsten ist jedoch der helle Hautkrebs oder auch Oberhautkrebs, der vor allem den Basalzellkrebs und den Stachelzellkrebs umfasst. Er betrifft vor allem ältere Menschen, das Risiko von Metastasen ist viel geringer.
  • Diagnoseraten: Bereinigt um demografische Effekte ergibt sich aus Hochrechnungen der Daten der BARMER GEK auf die Gesamtbevölkerung beim malignen Melanom eine Steigerung der Diagnosezahlen um 60 Prozent von 2005 auf 2012. Absolut stieg die Zahl der Betroffenen von 189.000 auf 318.000. Bei hellem Hautkrebs beträgt der um demografische Effekte bereinigte Anstieg 79 Prozent. In absoluten Zahlen: 2005 wurden 647.000 Betroffene gezählt, 2012 waren es 1,3 Millionen.
  • Überleben nach Hautkrebs: Heutzutage werden die meisten Melanome früh erkannt und mit einer geringen Tumordicke entfernt. Zwei Jahre nach der Erstdiagnose eines malignen Melanoms leben noch mehr als 97 Prozent der Betroffenen. 2012 sind in Deutschland 2.875 Menschen an einem schwarzen Hautkrebs gestorben.
  • Hautkrebs-Screening: Seit Juli 2008 bieten die gesetzlichen Krankenkassen allen Versicherten ab 35 Jahren alle zwei Jahre eine standardisierte Untersuchung der gesamten Körperoberfläche (Hautkrebs-Screening) an. In den Jahren 2011/12 lag die Teilnahme im Bundesdurchschnitt bei 30,9 Prozent und in Sachsen-Anhalt lediglich bei 24,7 Prozent. 

Arztreport 2014 der BARMER GEK