Magdeburger Hirnforscher lokalisieren mit 7-Tesla-MRT Pforte zum menschlichen Gedächtnis

Einem internationalen Team unter der Federführung von Forschern der Universität Magdeburg
und des DZNE ist es gelungen, den Entstehungsort von Erinnerungen mit bislang unerreichter
Genauigkeit zu bestimmen. Dafür nutzten die Wissenschaftler eine besonders präzise Form
der Magnetresonanz-Tomographie (MRT).

Das Gehirn nimmt ständig Informationen auf. Doch wie aus neuen Erlebnissen dauerhafte
Erinnerungen entstehen, ist erst ansatzweise bekannt. Nun ist es einem internationalen
Team unter der Federführung von Forschern der Universität Magdeburg und des Deutschen
Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) gelungen, den Entstehungsort von
Erinnerungen mit bislang unerreichter Genauigkeit zu bestimmen. Sie konnten diesen Ort auf
einzelne Schaltkreise des menschlichen Gehirns eingrenzen. Dafür nutzten die
Wissenschaftler eine besonders präzise Form der Magnetresonanz- Tomographie (MRT). Die
Forscher hoffen, dass ihre Studienergebnisse und Untersuchungsmethode dazu beitragen
könnten, besser zu verstehen, wie sich Alzheimer auf das Gedächtnis auswirkt. Sie
berichten darüber im Fachjournal „Nature Communications“.

Beim Gedächtnis wirken verschiedene Hirnbereiche zusammen. Zwar ist vieles an dieser
Wechselbeziehung noch ungewiss, bekannt ist aber, dass Erinnerungen hauptsächlich in der
Hirnrinde gespeichert werden und sich die Schaltzentrale, die Gedächtnisinhalte erzeugt
und auch wieder abruft, im Inneren des Gehirns befindet. Ort des Geschehens ist der
sogenannte Hippocampus und der unmittelbar angrenzende Entorhinale Cortex. „Schon länger
ist bekannt, dass diese Hirnareale an der Gedächtnisbildung beteiligt sind. Hier fließen
Informationen zusammen und werden verarbeitet. Unsere Studie hat den Blick auf diese
Situation weiter verfeinert“, erläutert Professor Emrah Düzel, Standortsprecher des DZNE
in Magdeburg und Direktor des Instituts für Kognitive Neurologie und Demenzforschung der
Universität Magdeburg. „Innerhalb des Hippocampus und des Entorhinalen Cortex konnten wir
die Gedächtnisbildung bestimmten neuronalen Schichten zuordnen. Wir konnten genau
feststellen, welche neuronale Schicht aktiv war. Das hat uns verraten, ob Information in
den Hippocampus hineinfloss oder aus dem Hippocampus heraus in die Hirnrinde gelangte.
Bisherige MRT-Verfahren waren nicht genau genug, um diese Richtungsinformation zu
erfassen. Damit haben wir erstmals nachweisen können, wo sich im Gehirn sozusagen der
Eingang zum Gedächtnis befindet.“

Für die aktuelle Studie untersuchten die Wissenschaftler die Gehirne von Probanden, die
sich für einen Gedächtnistest zur Verfügung gestellt hatten. Die Forscher setzten dafür
eine besondere Form der Magnetresonanz- Tomographie ein, die „Ultra-Hochfeld-MRT“ bei 7
Tesla. Dadurch konnten sie die Aktivität einzelner Hirnregionen mit bislang unerreichter
Genauigkeit erfassen.

Präzisionsverfahren für die Alzheimerforschung

„Mit dieser Messmethode können wir den Informationsfluss im Gehirn nachvollziehen und die
Hirnbereiche, die an der Verarbeitung von Erinnerungen beteiligt sind, mit großer
Detailtiefe untersuchen“, so Düzel. „Davon erhoffen wir uns neue Erkenntnisse darüber, wie
die für Alzheimer typischen Gedächtnisstörungen entstehen. Sind bei einer Demenz die
Informationen an der Pforte zum Gedächtnis noch intakt? Setzt die Störung also erst bei
der späteren Weiterverarbeitung im Gedächtnis ein?
Das sind Fragen, die wir hoffen, beantworten zu können.“

Diese Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des
Sonderforschungsbereiches 779 „Neurobiologie motivierten Verhaltens“ gefördert.

Originalveröffentlichung
„Laminar activity in the hippocampus and entorhinal cortex related to novelty and episodic
encoding”, Anne Maass, Hartmut Schütze, Oliver Speck, Andrew Yonelinas, Claus Tempelmann,
Hans-Jochen Heinze, David Berron, Arturo Cardenas-Blanco, Kay H. Brodersen, Klaas Enno
Stephan, Emrah Düzel, Nature Communications, 2014, doi: 10.1038/ncomms6547

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) erforscht die Ursachen von
Erkrankungen des Nervensystems und entwickelt Strategien zur Prävention, Therapie und
Pflege. Es ist eine Einrichtung in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren
mit Standorten in Berlin, Bonn, Dresden, Göttingen, Magdeburg, München,
Rostock/Greifswald, Tübingen und Witten. Das DZNE kooperiert eng mit Universitäten, deren
Kliniken und außeruniversitären Einrichtungen.