Schub für wissenschaftlichen Nachwuchs der Immunologie
14 junge Nachwuchswissenschaftler:innen profitieren von Anschubfinanzierung durch den immunologischen Sonderforschungsbereich 854 der Universität Magdeburg.
Im vergangenen Jahr hat der Sonderforschungsbereich 854 – Molekulare Organisation der zellulären Kommunikation im Immunsystem – Nachwuchswissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg zur Bewerbung um „SFB 854 Development Grants“ eingeladen. Zahlreiche junge Wissenschaftler:innen nutzten diese Gelegenheit, am Ende erhielten 14 von ihnen eine Förderung. Insgesamt bewilligte der SFB dem wissenschaftlichen Nachwuchs fast 300.000 Euro. Nachdem alle Projekte zum Ende des Jahres 2021 abgeschlossen wurden, ist es Zeit für einen kurzen Rückblick.
Bewerben konnten sich erfahrene Doktorand:innen, junge PostDocs und forschende Ärzt:innen, sogenannte Clinician Scientists. Dabei musste das vorgeschlagene Projekt im Einklang mit den Inhalten und Zielen des Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation, GC-I³, stehen. Hauptziel der Förderung war es, die Karriere vielversprechender Nachwuchswissenschaftler:innen auf dem Weg zur ersten unabhängigen Stelle zu unterstützen.
Und tatsächlich haben die Geförderten auf vielfältige Weise von den Mitteln profitiert. Für einige der jungen Wissenschaftler:innen waren die Development Grants die ersten selbst eingeworbenen Forschungsmittel. Für ein Projekt von Anfang bis Ende selbst verantwortlich zu sein, war für viele eine neue Erfahrung, die im weiteren Karriereverlauf sicher nützlich sein wird. In zahlreichen Fällen führten die bewilligten Projekte dazu, dass neue Kollaborationen am Standort initiiert werden konnten, die immer noch fortbestehen und das Netzwerk der jungen Forscher:innen erweitert haben. Außerdem konnten mit Hilfe der Development Grants zwei Patientenstudien gestartet werden, die langfristig die Diagnose und Behandlung von Blutkrebs beziehungsweise Multipler Sklerose verbessern sollen.
Vielfältige Projekte
Mehrere Forscher:innen nutzten zudem die Gelegenheit, mit Hilfe der SFB-Mittel Proteom- oder Transkriptomanalysen durchzuführen. Hierbei werden in bestimmten Geweben oder Zellen alle zu einem bestimmten Zeitpunkt oder nach einer bestimmten Stimulation vorhandenen Proteine oder in RNA umgeschriebenen Gene analysiert. Diese Studien sind vergleichsweise teuer, erzeugen aber eine Fülle an Daten, die eine wertvolle Basis für eingehendere Analysen und weitere Forschungsvorhaben sind. Dr. Vikas Bhuria aus dem Institut für Molekulare und Klinische Immunologie hat beispielsweise das Proteom bestimmter Immunzellen von Blutkrebs-Patienten bestimmt. Mit der Analyse dieser Daten will er nun Ansatzpunkte finden, um die Diagnose der Erkrankung zu verbessern und neue Therapien zu entwickeln.
Besonders erfolgreich verlief das Projekt von Dr. Anthony Buzzai aus der Universitätshautklinik. Ihn beschäftigt die Frage, wie das Nerven- und das Immunsystem bei der Bekämpfung von Krebs zusammenarbeiten. In einem ersten Schritt konnte er mikroskopisch zeigen, dass in Melanomen, also dem berüchtigten schwarzen Hautkrebs, Nervenzellen vorhanden sind. Nun wollen der junge Forscher und sein Team untersuchen, ob und wie diese Nerven die Krebszellen sowie das Immunsystem beeinflussen. Dr. Buzzai plant mit Hilfe der durch die SFB 854-Anschubfinanzierung erzielten Daten einen Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu stellen sowie zusammen mit Doktorand:innen und Masterstudierenden weiter an diesen Fragen zu forschen.
Auch Jun.-Prof. Dr. med. Sascha Kahlfuss aus dem Institut für Molekulare und Klinische Immunologie profitierte sehr vom Development Grant des SFB 854. Er interessiert sich insbesondere für metabolische Transportproteine. Diese finden sich in der Membran, der äußeren Hülle, vieler Zellen und transportieren Ionen wie Calcium oder Zink, aber auch Metabolite und Vitamine. Sie kommen auch in Immunzellen, wie zum Beispiel T-Zellen, vor. Ihre Rolle dort ist jedoch wenig untersucht und verstanden. Mit Hilfe der modernen „CRISPR/Cas9 Genschere“-Technologie möchte Prof. Kahlfuss daher verschiedene metabolische Transporter in T-Zellen ausschalten und ihre Funktion erkunden. Der junge Clinician Scientist vermutet, dass diese Transporter beispielsweise bei infektiösen Lungenerkrankungen oder im allergischen Asthma eine wichtige Rolle spielen. „Die einzigartige Förderung durch den SFB 854 hat uns zum einen ermöglicht, die Werkzeuge zu entwickeln, um bald die Rolle einer ganzen Reihe von metabolischen Proteinen in Immunzellen zu untersuchen. Zum anderen konnten wir durch den Development Grant bereits einen spezifischen Ionen-Transporter identifizieren, der die Funktion insbesondere von T-Zellen möglicherweise entscheidend beeinflusst. Das ist innerhalb einer so kurzen Zeit alles andere als selbstverständlich und direkt messbares Resultat dieses einzigartigen Förderinstrumentes für den Nachwuchs“, sagt Prof. Kahlfuss und fügt hinzu: „Wir konnten zudem zeigen und publizieren, dass höhere Dosen von Zink die T-Zellen so modifizieren, dass im Mausmodell asthmatische Atemwegsbeschwerden und autoimmune Entzündungen im Zentralnervensystem reduziert werden.1“
Ein drittes erfolgreiches Beispiel ist das Projekt von Dr. med. Konstantin Schlaaff. Er baute an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie die „Digital Magdeburg Brain Bank“ auf, eine digitale Sammlung von hochauflösenden mikrometerdünnen, gefärbten Gewebsschnitten des Gehirns. Dadurch wird die automatische Bildanalyse sowie die Anwendung von machine learning ermöglicht. „Mit Hilfe der bewilligten Mittel konnten wir zum einen die notwendige IT- Infrastruktur beschaffen und zum anderen zwei Studierende als wissenschaftliche Hilfskräfte gewinnen“, erklärt Dr. Schlaaff und ergänzt: „Unser Ziel war es, bis Ende des Jahres 25 Prozent der etwa 12.000 vorhandenen Gewebeproben zu digitalisieren. Tatsächlich geschafft haben wir sogar um die 40 Prozent.“ Und diese werden bereits genutzt: Mehrere auf der „Brain Bank“ basierende Doktorarbeiten und Publikationen zeigen, wie wertvoll diese neue digitale Ressource für die Forscher:innen ist 2,3.
„Der SFB 854 hat sich von Anbeginn an die Förderung von Clinician Scientists und von wissenschaftlichem Nachwuchs auf die Fahnen geschrieben“, sagt Prof. Dr. Burkhart Schraven, der den SFB 854 seit seiner Einrichtung im Januar 2010 als Sprecher leitet. „Das Geld der Seed-Funds ist aus unserer Sicht sehr gut angelegt und hat den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die wir gefördert haben, die Möglichkeit gegeben, ein erstes Forschungsprojekt in Eigenregie zu konzipieren und auch in verantwortlicher Position administrativ zu verwalten. Wir hoffen, dass wir damit den Grundstein für weitere Projekte und Drittmitteleinwerbungen legen konnten.“
Publikationen:
1 Krone A, Fu Y, Schreiber S, Kotrba J, Borde L, Nötzold A, Thurm C, Negele J, Franz T, Stegemann-Koniszewski S, Schreiber J, Garbers C, Shukla A, Geffers R, Schraven B, Reinhold D, Dudeck A, Reinhold A, Müller AJ, Kahlfuss S. Ionic mitigation of CD4+ T cell metabolic fitness, Th1 central nervous system autoimmunity and Th2 asthmatic airway inflammation by therapeutic zinc. Sci Rep. 2022 Feb 4;12(1):1943.
2 Förster A, Model V, Gos T, Frodl T, Schiltz K, Dobrowolny H, Meyer-Lotz G, Guest PC, Mawrin C, Bernstein HG, Bogerts B, Schlaaff K, Steiner J. Reduced GABAergic neuropil and interneuron profiles in schizophrenia: Complementary analysis of disease course-related differences. J Psychiatr Res. 2021 Nov 19;145:50-59.
3 Müller UJ, Ahrens M, Vasilevska V, Dobrowolny H, Schiltz K, Schlaaff K, Mawrin C, Frodl T, Bogerts B, Gos T, Truebner K, Bernstein HG, Steiner J. Reduced habenular volumes and neuron numbers in male heroin addicts: a post-mortem study. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci. 2021 Aug;271(5):835-845.
Kontakt für die Medien:
Dr. Martina Beyrau, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des SFB 854 – Molekulare Organisation der zellulären Kommunikation im Immunsystem, Tel.: +49-391/67-24399, martina.beyrau@med.ovgu.de
Foto:
Nachwuchsforscher Dr. Anthony Buzzai aus der Universitätshautklinik Magdeburg erforscht, wie das Nerven- und Immunsystem bei der Bekämpfung von Krebs zusammenarbeiten.
Fotografin: Sarah Kossmann/UMMD.