Magdeburg: Menschliche Endothelzellen im Weltraum

Deutsches Experiment SPHEROIDS ist auf dem Weg zur Internationalen Raumstation

Das Wissenschaftsteam von Prof. Dr. Daniela Grimm an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg erforscht gemeinsam mit internationalen Partnern menschliche Endothelzellen in der Schwerelosigkeit. Einige dieser Zellproben wurden nun ins Weltraum zur Internationalen Raumstation ISS geschickt.
In einer Dragon-Kapsel an Bord einer Falcon-9-Trägerrakete des US-amerikanischen Raumfahrtunternehmens SpaceX ist am 8. April 2016 um 22.43 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit vom Kennedy Space Center, Cape Canaveral, Florida, USA, ein deutsches Experiment zur Internationalen Raumstation ISS gestartet: SPHEROIDS. Mit dem Experiment, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert wird, wollen Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf menschliche Blutgefäßzellen (Endothelzellen) untersuchen.

Endothelzellen sind ganz spezielle Zellen, die die innerste Schicht unserer Blutgefäße auskleiden. Die medizinische Weltraumforschung kann neuere Erkenntnisse über die kardiovaskulären Probleme von Astronauten nach Langzeit-Aufenthalt im Weltraum liefern. Unter anderem kann es bei den Menschen im Orbit zu niedrigem Blutdruck und auch zu Herzrhythmusstörungen kommen. Die Endothelzelle produziert zahlreiche ihre Umgebung beeinflussende Signalstoffe und auch den Blutdruck regulierende Substanzen, die in diesem Weltraumexperiment im Detail untersucht werden sollen. Der Mensch will in naher Zukunft als Tourist ins Weltall reisen und daher ist es notwendig, die möglichen Gefahren genau zu kennen, um sie gegebenenfalls verhindern oder zumindest lindern zu können.

„Wir fanden durch Versuche im Labor auf der Erde mit Hilfe von Maschinen, die Schwerelosigkeit simulieren können heraus, dass Endothelzellen anders wachsen, wenn die Schwerkraft fehlt. Sie wachsen dreidimensional als sogenannte Gefäßvorläufer-Konstrukte (Intimaschläuche) und Sphäroide (runde Aggregate aus mehreren Zellen bestehend). Wir haben 14 Tage Untersuchungszeit im Weltraum, um zu sehen, ob diese Ergebnisse mit unseren im Labor auf der Erde erzielten Resultaten übereinstimmen“, erzählt Professorin Daniela Grimm, Leiterin des Forschungsprojekts und Gastprofessorin für Gravitationsbiologie und Translationale Regenerative Medizin an der Otto-von-Guericke-Universität.

Neue Erkenntnisse zur Herstellung von künstlichen Blutgefäßen


Das Wissenschaftsteam um Prof. Grimm untersucht in der Mikrogravitation die Struktur der Zellen. Normalerweise wachsen Endothelzellen in der Kulturflasche zweidimensional mit Ausnahme, wenn 3D-Zellkulturmodelle zum Einsatz kommen. ”Mithilfe der Random Positioning Machine (Abb. 1) können wir 3D-Wachstum induzieren. Es bilden sich Sphäroide und Schläuche (Abb. 2 11 Tage simulierte Mikrogravitation). Die Ursachen für dieses Verhalten sind nicht bekannt. Wir sind sehr daran interessiert, die genauen Mechanismen für die Sphäroid-Bildung zu finden und hoffen, dieses Wissen dann im Bereich der Gewebezuchtforschung (Tissue Engineering) einsetzen zu können“, berichtet Prof. Grimm. Sehr kleine künstliche Blutgefäße werden bei Transplantationen im Bereich der Wiederherstellungschirurgie, Handchirurgie benötigt.

Die Zellen werden in speziell für das Experiment von der Firma RUAG, Schweiz, entwickelten Containern kultiviert (Abb. 3) und kommen von ihrer Weltraumreise nach ca. 4 Wochen, d.h. Mitte Mai zurück. Das Dragon-Raumschiff wird dann im Pazifik bei Kalifornien landen. Die Proben werden anschließend nach Magdeburg in die Laboratorien der Arbeitsgruppe von Prof. Grimm geschickt. Sie werden dann histologisch sowie mit molekularbiologischen Methoden weiter untersucht.

Dieses Forschungsprojekt wird in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Aarhus, Dänemark, dem Max-Planck-Institut Martinsried, der Hochschule Luzern, Schweiz, der Texas Southern University, Houston, TX, USA, dem Belgian Nuclear Research Centre, SCK-CEN, Mol, Belgien und der Universität Udine, Italien durchgeführt.

Das international Forschungsprojekt wir vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) und der NASA gefördert.


Ansprechpartner für Rückfragen:

Professor Daniela Gabriele Grimm
E-Mail: daniela.grimm@med.ovgu.de

oder Professor Manfred Infanger
E-Mail: manfred.infanger@med.ovgu.de

Pressemitteilung DLR
http://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10212/332_read-17370/year-all/#/gallery/22618